Eine Familie aus Armenien

Für diesen Artikel sprach ich mit einer Familie, die seit 2 1/2 Jahren in Deutschland
und Ammersbek lebt, über ihr Herkunftsland.
"Früher war unser Land viel größer als heute" sagt der Vater. Heute ist Armenien so groß wie das Bundesland Brandenburg. Die Nachbarländer sind Georgien, Aserbaidschan, Iran und die Türkei.
Mir fällt zum Ländernamen Armenien der Streit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei ein, ob der Mord an über einer Million Armenier im ersten Weltkrieg durch Todesmärsche und Massaker ein Völkermord war.
"Unser Land hatte als erstes das Christentum als Staatsreligion" fügt der Vater hinzu, das war im Jahr 301 und die Mutter erinnert an den Berg Ararat (5.137m ü. M.) in ihrem Land, auf dem Noah mit seiner Arche am Ende der Sintflut landete. Zur armenisch - apostolischen Kirche gehören fast alle Armenier, das ist ein Teil ihrer Identität.
Die Landschaft ist bestimmt durch ein hohes Gebirge, auch der kleine Ararat ist 3.896m ü.M. Es gibt Bodenschätze, wie Eisen, Gold, Uran, Halbedelsteine, aber auch Basalt, Marmor und Tuff. Außerdem gibt es warme Heilquellen.
Seit dem Jahr 405 hat Armenien eine eigene Schrift mit 39 Schriftzeichen, in welche der Mönch Mesrop Maschtoz die Bibel übersetzte. Sie ähnelt der griechischen Schrift. Die Schriftzeichen sehen anders aus als alles, was ich bisher gesehen habe.
Die Mutter berichtet, dass ihr Mann Schuhmacher gelernt hat, aber auch als Maler, KFZ - Mechaniker oder Busfahrer gearbeitet hat. "Mein Mann kann alles!" Er hat die Deutschkurse für A1 und A2 bestanden und auch die Führerscheinprüfung. "Ich habe Friseurin gelernt," sagt sie, "aber das Praktikum im Kindergarten in Ammersbek hat mir so gut gefallen, dass ich unbedingt Erzieherin werden möchte, wenn ich nach meinem A2 auch den B1 Kurs in Deutsch bestanden habe. Auch für meine deutsche Sprache war das Praktikum im Kindergarten sehr gut! Wir hoffen, dass wir bald gute Arbeitsplätze gefunden haben."
Der Sohn geht in die 5. Klasse im Gymnasium in Volksdorf. "Als wir nach Deutschland kamen, dachte ich, diese Sprache lerne ich nie, obwohl ich in Armenien bereits russisch und französisch in den ersten 4 Schuljahren hatte. In der 5. Klasse wäre Englisch dazu gekommen. Und jetzt kann ich doch ins Gymnasium gehen und lernen. Es ist mir wichtig, ein guter Schüler zu sein. In meiner Freizeit lerne ich Gitarre und habe an einigen Schachturnieren teilgenommen." - " Ja, er hat schon verschiedene Urkunden", sagt die Mutter und zeigt auf die Urkunden an der Wohnzimmerwand.
Schach ist seit 2011 Unterrichtsfach in allen 2., 3. und 4. Klassen Armeniens. Die Idee dahinter war, die Kinder durch die Beschäftigung mit dem Schach zu schnellerem und flexiblerem Denken zu bewegen. Initiator des Projektes ist der Vizepräsident des Schachverbandes Großmeister Smbat Lputjan. Bei dem Sohn dieser Familie hatte diese Idee vollen Erfolg! Auf die Frage, was er einmal werden möchte, antwortet er: "Großmeister im Schach und Rechtsanwalt, um mich für Gerechtigkeit einzusetzen!" Die Tochter geht in die 2. Klasse in Hoisbüttel und lernt Gitarre. Auch sie ist freundlich, höflich und aufmerksam. Sie freut sich, hier Freundinnen gefunden zu haben, die sie auch mal nach Hause einladen. Ein Schnupper - Tenniskurs im Sportverein gefiel ihr besonders und sie würde gern weiter trainieren.
Dieses Gespräch mit der Familie mit bescheidenen und höflichen Kindern war sehr eindrucksvoll. Die Familie freut sich über den guten Kontakt zum Freundeskreis, zur Nachbarschaft, zu unserer Ammersbeker Kirchengemeinde und nahm auch an Aktivitäten der Gemeinde Ammersbek teil. Eine armenische Familie, die schon länger in Ammersbek lebt, half ihnen in diesen Jahren mit Übersetzungen bei Behörden und Ärzten und wurde zu Freunden. Das ist ein großes Glück! Hier in Ammersbek möchte die Familie ihre Zukunft aufbauen. Die Eltern sind froh, dass die Kinder gut eingebunden sind und so gewissenhaft in den Schulen mitarbeiten. Besonders dankbar sind die Eltern für die medizinische Versorgung für die Kinder!
Karin Wisch